Perspektiven der städtischen Finanzen - Haushalt 2023

Ausgangslage zum Haushalt 2023

Es ist in Oberhausen schon in normalen Zeiten nahezu unmöglich einen Haushalt aufzustellen, der ausgeglichen ist, alle bekannten Risiken absichert und auch noch einen bescheidenen Beitrag zur Reduzierung der Altschulden leistet. In der aktuellen Situation, wo mehrere Krisen aufeinandertreffen, die noch nicht mal in ihren Wirkungen ausreichend erkannt und erfasst sind, brauchen wir darüber gar nicht erst nachzudenken.

Um den Haushaltsplanentwurf 2023 richtig einordnen zu können bedarf es einer Betrachtung dieser gesellschaftlichen, ökonomischen und rechtlichen Ausgangslage. Dies ist insbesondere für die anschließenden Haushaltsberatungen und der Beschlussfassung am Ende des Prozesses entscheidend.

Die Corona-Krise dauert noch an und hat enorme finanzielle Auswirkungen gehabt, die in 2020 in großen Teilen durch finanzielle Ausgleichsmaßnahmen des Bundes und des Landes aufgefangen werden konnten. Diese Unterstützungsleistungen gab es in den Jahren 2021 und 2022 entweder gar nicht oder als kreditierte Hilfe. In 2021 machte allein der Gewerbesteuerausfall mit 27,7 Mio. € einen Anteil von 51 % des gesamten registrierten Finanzschadens der Corona-Pandemie aus. Im Jahr 2022 stellen wir fest, dass insbesondere die Gewerbesteuerausfälle durch die Möglichkeit der Aussetzung der Vorauszahlung viel zu hoch ausgefallen sind, als es die realen wirtschaftlichen Verhältnisse der Unternehmen zugelassen hätten. Die Folge sind erhebliche einmalige Nachzahlungen, die die Gewerbesteuererträge in 2022 weit über das geplante Maß ansteigen lassen. Diese Nachzahlungen können aber bei weitem nicht die Verluste der Vorjahre ausgleichen.

Sicherlich gab es auch steigende Finanzierungsbedarfe für Personal und Impfstationen, für Gesundheitsbedarfe und andere Sachleistungen, aber in weiten Teilen war die Corona-Krise für Oberhausen eine Ertragskrise. Hintergrund war der massive wirtschaftliche Einbruch, den viele insbesondere für Oberhausen wichtige Branchen erleiden mussten. Noch immer kämpfen viele Akteure im Bereich der Kreativwirtschaft, in der Tourismusbranche, der Gastronomie und in Teilen des Einzelhandels ums Überleben.

Da befinden wir uns schon in der nächsten, nach meiner Einschätzung viel umfassenderen Krise. Der Krieg in der Ukraine wirkt sich in vielerlei Hinsicht auf die kommunale Finanzlage aus. Offensichtlich handelt es sich zu Beginn um eine Aufwandskrise. Die Menschen, die zu uns geflohen sind, um vor den schrecklichen Folgen des menschenverachtenden russischen Angriffskrieges Schutz zu suchen, müssen bei uns untergebracht und versorgt werden. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir - auch in Solidarität zu unserer Partnerstadt Saporishja – dies tun. Es bedeutet aber auch eine finanzielle Belastung des Haushaltes, die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ausreichend von Bund und Land ausgeglichen wird. Insbesondere die Landesregierung NRW konnte sich durch den Rechtskreiswechsel der Geflüchteten vom Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) zum SGB II voraussichtlich um über 2 Mrd. € entlasten. Nun übernehmen Bund und Kommunen für diese Menschen die Kosten für Verpflegung und Unterkunft nahezu allein. 

Der Krieg in der Ukraine hat aber auch weitere insbesondere massive wirtschaftliche Folgen. Die im direkten Zusammenhang stehende Energiekrise bedeutet auch enorme finanzielle Kosten für den Haushalt und eine Belastung der städtischen Töchter. Insbesondere die Energieversorgung Oberhausen (EVO) wird von der Energiekrise gebeutelt werden. Gleichzeitig haben wir es mit einer hohen Inflation durch die hohen Energiekosten, aber auch durch Lieferengpässe und andere weltwirtschaftliche Zusammenhänge zu tun, die einen Anstieg von Baukosten, Dienstleistungskosten und in Reaktion darauf auch Personalkosten nach sich ziehen, die alle den Haushalt belasten. Darauf reagiert die Europäische Zentralbank (EZB) verständlicherweise mit steigenden Zinssätzen, die sich direkt auf unsere Finanzierungskosten auswirken und zu steigenden Zinslasten für den städtische Haushalt führen. Das schmerzt einer Kommune wie Oberhausen mit der enormen Altschuldenlast ganz besonders.

Zeitversetzt zu dieser Entwicklung prognostizieren alle Wirtschaftsforschungsinstitute einen vorübergehenden Rückgang der Wirtschaftsleistung, der sich ab 2023 auch auf die Steuererträge auswirken wird. 


Entwicklung der deutschen Wirtschaft in der Krise

In welchem Umfang sich dies auf die Steuererträge in Oberhausen auswirken wird, hängt vom Umfang des wirtschaftlichen Rückgangs wie auch von der zeitlichen Dauer der wirtschaftlichen Krise ab. Auch die sonst rechtzeitig zur Verfügung stehenden Orientierungsdaten für NRW, die uns die Landesregierung zur Verfügung stellt, stehen noch aus, so dass eine konkrete Einschätzung der Auswirkungen für uns nicht wirklich möglich ist.
Mittel- bis langfristig sind sich die Wirtschaftsforschungsinstitute einig, wird sich die wirtschaftliche Entwicklung wieder stabilisieren können. Die Frage für uns und die anderen Kommunen ist, wie dieser Zeitraum überwunden werden kann. Bisher ist eine finanzielle Unterstützung zur Überwindung dieser finanziellen Krise nicht vorgesehen. 

Städte im Strukturwandel, die extreme Belastungen aus der Vergangenheit zu tragen haben, sind solchen elementaren Krisen wie der Corona-Krise und den weltwirtschaftlichen Auswirkungen von Kriegen und Finanzkrisen nicht gewachsen. Sie besitzen keine finanzielle Krisenresilienz. Dafür verantwortlich sind im Wesentlichen 3 Ursachen. Zum einen gibt es eine hohe soziale Belastung, die massive finanzielle Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt haben. Der Oberhausener Haushalt besteht auch in 2023 zu 47 % aus den Produktbereichen Soziales und Jugend und den Sozialausgaben der LVR-Umlage. Die Menschen in Oberhausen haben zum anderen ein niedriges Primäreinkommen, das weit unter dem NRW-Durchschnitt liegt. Besondere Auswirkungen haben die ökonomischen Probleme, die aus den Strukturkrisen der Vergangenheit hervorgegangen sind. Oberhausen hat aus diesem Grunde nach wie vor eine extrem niedrige Wirtschaftskraft. Das in Oberhausen erwirtschaftete Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf liegt weit unter dem NRW-Durchschnitt und auch unter dem im Ruhrgebiet. Bei den kreisfreien Städten haben nur Herne und Bottrop ein noch geringeres BIP pro Kopf. 

BIP und Primäreinkommen vergleichbarer Städte

All diese Umstände führen dazu, dass Oberhausen sehr geringe eigene wirtschaftliche Kapazitäten hat, um die finanziellen Auswirkungen dieser Krisen zu überwinden.

Das ist der gesellschaftliche und ökonomische Rahmen, in dem wir den Haushalt für das Jahr 2023 aufstellen. Der rechtliche Rahmen ist bisher nur zum Teil geregelt. Bei der Aufstellung des Haushalts waren folgende rechtliche Rahmenbedingungen gegeben:

  1. Die Möglichkeit die finanziellen Auswirkungen der Covid-Pandemie mit einem fiktiven Ertrag ausgleichen zu können, der sogenannten Covid-Isolierung, endet in 2022. Da bereits in der Diskussion war, diese Möglichkeit der Covid-Isolierung auf 2023 zu verlängern, haben wir bereits bei der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs diese Berechnung vorgenommen und im aktuellen Entwurf vorgesehen.
  2. Oberhausen hat als Kommune mit negativem Eigenkapital die Verpflichtung ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) aufzustellen. Erst die Bewilligung desselbigen durch die Kommunalaufsicht verleiht dem Haushalt Rechtskraft. Das HSK 2022 wird im Rahmen der Haushaltsberatungen fortgeschrieben und ergänzt um die Maßnahmen, die der Stadtkämmerer in Abstimmung mit den Dezernaten bereits zur Aufstellung des Entwurfs vorgenommen hat.

Mittlerweile hat uns der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung kommunal-rechtlicher Vorschriften erreicht, der unter anderem eine Änderung des NKF-COVID-19-Isolierungsgesetzes vorsieht. Dort wird tatsächlich die Möglichkeit der Covid-Isolierung auf das Jahr 2023 ausgeweitet und für das Jahr 2023 auch eine Isolierung der Ukraine-Folgen ermöglicht. Diese Möglichkeit konnte im Haushaltsplanentwurf nicht berücksichtigt werden und muss bei den Haushaltsberatungen im Rahmen der Veränderungsnachweisungen eingeplant werden.


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