Holocaust-Überlebender: Oberhausen trauert um Ehrenring-Träger Sally Perel

Die Stadt Oberhausen trauert um Salomon „Sally“ Perel: Der Holocaust-Überlebende und Ehrenring-Träger der Stadt Oberhausen starb nach Angaben der Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem am Donnerstag, 2. Februar 2023, in seinem Haus in Israel. Sally Perel hatte in seiner 1992 auf Deutsch veröffentlichten, weltbekannten Autobiografie „Ich war Hitlerjunge Salomon“ niedergeschrieben, wie er als Jude die Verfolgung der Nationalsozialisten überlebte. Er wurde 97 Jahre alt und ist am heutigen Freitag, 3. Februar 2023, beigesetzt worden.

„Wir trauern um Sally Perel“, sagt Oberbürgermeister Daniel Schranz: „Unermüdlich hat er gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus und für den Frieden gekämpft – eben auch mit seinen vielen, zutiefst beeindruckenden Besuchen in unserer Stadt. Durch sein Buch, aber auch durch Lesungen, Vorträge und Diskussionen hat Salomon Perel versucht, uns alle zu Zeitzeugen zu machen und sich damit gegen das Vergessen eingesetzt. Er hat einen herausragenden Beitrag zur Erinnerungskultur und zur historisch-politischen Bildung in Oberhausen geleistet.“

Sally Perel
Im Jahr 2016 verlieh der Rat der Stadt Oberhausen Salomon Perel den Ehrenring für sein außerordentliches Engagement für Frieden, Versöhnung und Völkerverständigung. Oberbürgermeister Daniel Schranz hielt die Laudatio. (Foto: Stadt Oberhausen)

Seit dem Jahr 2000 war Salomon Perel auf seinen Lesereisen nach Oberhausen gekommen, um im Laufe der Zeit mehr als 25.000 Schülerinnen und Schülern von seinem Schicksal zu erzählen und ihnen so das Grauen der nationalsozialistischen Herrschaft deutlich zu machen. Auf seine eigene Initiative hin organisierten Volkshochschule, Gedenkhalle, der Integrationsrat, die Lichtburg und weitere Oberhausener Einrichtungen und Organisationen 2014 das erste „Sally-Perel-Festival“, das sich eine Woche lang mit Perels Leben beschäftigte und bereits mehrfach wiederholt wurde. Für sein außerordentliches Engagement und weil er sich damit um die Stadt Oberhausen in besonderem Maße verdient gemacht habe, verlieh der Rat der Stadt Salomon Perel am 15. Februar 2016 den Ehrenring, eine der höchsten Ehrungen, die Oberhausen vergibt.

Zuletzt war der Shoah-Überlebende, hochbetagte Perel 2019 zu Besuch in Oberhausen: Zwischen ihm und der Stadt war eine besondere persönliche Verbundenheit gewachsen. Viele Bürgerinnen und Bürger waren Sally Perel freundschaftlich verbunden. Oberhausenerinnen und Oberhausener, die den freundlichen, zugewandten Perel in ihrer Schulzeit erlebt hatten, besuchten ihn später in Israel, dazu gab es einen vielfältigen Austausch über Telefonate, Briefe und E-Mails.

In Oberhausen ist auch das Kinder-Sachbuch „Du sollst leben! Die unglaubliche Geschichte des Hitlerjungen Salomon“ entstanden: Die Grundschul-Leitungen Sabrina Thomas und Sven Siebenmorgen und die damalige Schulaufsicht Silke vom Bruch wollten mit besonderer pädagogischer Aufbereitung Sally Perels Lebensgeschichte auch für jüngere Kinder zugänglich machen. Perel erklärte sich bereit, seine Vorträge für die besonders jungen Zuhörerinnen und Zuhörer anzupassen.

„Dass wir in Oberhausen eine friedliche Kultur des Zusammenlebens vorfinden, hat eben auch damit zu tun, dass ein Mensch wie Sally Perel uns immer wieder besucht hat, um als ‚Gesandter des Friedens‘ die Erinnerung an Deutschlands dunkelstes Kapitel wach zu halten“, betont Oberbürgermeister Schranz; „sein oft zitierter Satz ,Ich war Opfer und Täter zugleich‘ beschreibt, was Perel zu einem so außergewöhnlichen Zeitzeugen machte.“

Perel, 1925 als Sohn osteuropäischer Juden in Peine geboren, hatte die Judenverfolgung unter den Nationalsozialisten überlebt, indem er sich als „Volksdeutscher“ ausgegeben hatte. Als Josef „Jupp“ Perjell kämpfte er für die Wehrmacht gegen die Sowjetunion und ging auf ein Internat der Hitlerjugend in Braunschweig. Nach Kriegsende emigrierte er nach Israel, wo er bis zuletzt lebte, und wurde wieder zu Salomon Perel. Sein Doppelleben hielt er für Jahrzehnte geheim – sogar vor seiner Familie, die nur erfuhr, dass er den Holocaust mit Hilfe arischer Papiere überlebt hatte.

Erst nach einer Herzoperation Mitte der 1980er Jahre offenbarte er sich – und schrieb die Autobiografie, die ihn berühmt machen sollte. 1990 erschien das Buch unter dem Titel „Europa, Europa!“ zunächst auf Französisch, dann auf Hebräisch und 1991 schließlich auf Deutsch. Die polnische Regisseurin Angieszka Holland verfilmte die Autobiografie unter dem Titel „Hitlerjunge Salomon“.

1999 wurde Sally Perel mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.